Sehr geehrte Medienschaffende,
aktuell wird im Wissenschaftsausschuss des Sächsischen Landtages ein
Gesetzesentwurf zur Änderung des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes
(SächsHSFG) diskutiert. In diesem sollen auch Onlineprüfungen gesetzlich
legitimiert werden. Da hierbei jedoch keine datenschutzrechtlichen
Mindeststandards vorgegeben werden sollen, fürchtet die Konferenz
Sächsischer Studierendenschaften (KSS), dass hiermit die gesetzliche
Legitimation zur systematischen Überwachung der höchstpersönlichen
Lebensbereiche Studierender gegeben wird.
Mehr zur angedachten Gesetzesänderung sowie unsere studentische
Einschätzung hierzu in der Pressemitteilung unten oder anbei. Im Anhang
finden Sie ebenso unsere ausführliche Stellungnahme zum Gesetzesentwurf.
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an den Referenten für
Hochschulpolitik Felix Fink (0341 9730064) unter hopo(a)kss-sachsen.de
oder an die Sprecher*innen der KSS – Uta Lemke (01590 8475 494) und
Sabine Giese (01522 1874 904) unter sprecherinnen(a)kss-sachsen.de.
Die Pressemitteilung ist auch online
<
https://www.kss-sachsen.de/pm_12_22> verfügbar.
Mit freundliche Grüßen
Sabine Giese
--
Sprecherin der Konferenz Sächsischer Studierendenschaften
Konferenz Sächsischer Studierendenschaften
c/o StuRa der Universität Leipzig
Universitätsstraße 1
04109 Leipzig
Mail:sprecherinnen@kss-sachsen.de
Tel.: 0152 21874904
*+++ Pressemitteilung +++*
Persönlichkeitsrechte Studierender ade!
Gesetzesänderung gibt Hochschulen Freifahrtschein zur
systematischen Überwachung höchstpersönlicher Lebensbereiche
Im April haben die Fraktionen CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD das
„zweite Gesetz zur Änderung des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes“
(Drucksache 7/9596) im Wissenschaftsausschuss des Sächsischen Landtages
auf den Weg gebracht. Kernpunkte der Änderungen sind die Verankerung von
Onlineprüfungen im Gesetz, die coronabedingte Möglichkeit
zur Verlängerung der Befristungsdauer für Juniorprofessor*innen und
Akademische Assistent*innen sowie die grundsätzliche Ermächtigung des
Wissenschaftsministeriums, in Krisenzeiten die Regelstudienzeit zu
verlängern. Mit recht kurzer Frist bis zum 03. Mai 2022 hatten die
hochschulpolitischen Akteur*innen Zeit, als Sachkundige ihre
Einschätzungen zum Gesetzesentwurf einzureichen. Die Konferenz
Sächsischer Studierendenschaften (KSS) kritisiert in ihrer umfangreichen
Stellungnahme allen voran die fehlenden Regelungen zum Datenschutz bei
der Verankerung von Onlineprüfungsformaten.
Im Gesetzesentwurf werden digitale Prüfungen zwar rechtlich verankert,
die notwendigen Vorkehrungen zum Datenschutz sollen die Hochschulen
jedoch ohne zentrale Mindeststandards jeweils in Eigenregie treffen.
Intensive Eingriffe in die Privatsphäre Studierender durch sogenanntes
Proctoring werden dabei nicht ausgeschlossen und sind somit erwartbar.
„Proctoring bedeutet, dass die Studis dazu verpflichtet werden, während
einer Prüfung ihr gesamtes Zimmer mit einer oder mehreren Kameras zu
filmen, um Täuschungsversuche zu vermeiden. Teilweise werden die
Studierenden dabei sogar gezwungen, Überwachungssoftwares auf ihren
privaten Rechner zu installieren, welche beispielsweise in der Lage
sind, jede Handbewegung der Studierenden auszuwerten oder alle laufenden
Programme zu überwachen“, erläutert *Uta Lemke, Sprecherin der KSS,* und
kritisiert: „Wir verstehen die Notwendigkeit, Onlineprüfungen endlich
rechtlich sicher und datenschutzkonform zu verankern. Im vorliegenden
Gesetzesentwurf kann hiervon jedoch keinesfalls die Rede sein.“
„Das Eindringen in den höchstpersönlichen Lebensbereich der Studierenden
weisen wir entschieden zurück!“ empört sich *Felix Fink, Referent für
Hochschulpolitik der KSS,* und fügt an: „Es bestehen zahlreiche
Möglichkeiten, wie auch ohne Überwachung Prüfungen online abgenommen
werden können. Sogenannte OpenBook-Klausuren, in denen alle Hilfsmittel
zulässig sind, prüfen die Fertigkeiten der Kommiliton*innen, Wissen
vernetzt anzuwenden. Sofern hauptsächlich Faktenwissen abgeprüft werden
soll, können die Hochschulen weiterhin Präsenzprüfungen in ihren
Räumlichkeiten anbieten. Es gibt keinerlei Rechtfertigung dafür unsere
Kommiliton*innen zu zwingen ihr privates Zimmer, welches meist zugleich
Schlaf- und Arbeitsraum ist, bis in die letzte Ecke den Blicken der
Prüfenden zugänglich zu machen.“
Neben fehlenden Mindeststandards zum Datenschutz vermisst die
Studierendenvertretung u.a. auch Regelungen zur Handhabung von
technischen Störungen oder zur Chancengerechtigkeit. „Es kann nicht
davon ausgegangen werden, dass alle Studierenden zu Hause einen
entsprechend ruhigen Ort mit der notwendigen technischen Ausstattung
haben, um eine Prüfung abzulegen. Aber auch dies wird im Gesetzesentwurf
vollkommen außer Acht gelassen. Wir hätten uns insbesondere aufgrund der
Zukunftsträchtigkeit der Thematik gewünscht, dass sich die Regierung
hiermit mehr Zeit lässt. Stattdessen wurde hier ein halbgarer
Gesetzesentwurf mit viel Klärungsbedarf eher übers Knie gebrochen“,
bedauert *Sabine Giese, ebenfalls Sprecherin der KSS*.
Die KSS empfiehlt den Parteien daher in die Diskussion über
Onlineprüfungen einzusteigen, um zu einem späteren Zeitpunkt einen
ausgewogenen Gesetzentwurf vorlegen zu können. Die weiteren Änderungen
zur Verlängerung von Befristungen sowie der Ermächtigung des SMWK zur
Verlängerung der Regelstudienzeit in Krisensituationen begrüßt die
Landesstudierendenvertretung grundsätzlich. „Hiermit ist weiterhin die
Möglichkeit für die Sächsische Regierung gegeben, Studierende in
Ausnahmesituationen wie der Coronapandemie zu entlasten. Wir freuen uns,
dass der Bedarf zur Abfederung in Krisensituationen nun grundsätzlich
gesehen wird. Allerdings mussten wir erneut die Bitte anbringen, die
entsprechenden Maßnahmen dabei auch anhand der tatsächlichen Bedürfnisse
der Studierenden zu orientieren. Die Regelstudienzeitverlängerung ist
zwar ein guter und wichtiger Schritt - jedoch hat diese aufgrund der
geringen Förderquote im BAföG für die wenigsten Studierenden einen
nennenswerten Mehrwert. Doch von sinnvolleren Maßnahmen wie
Freiversuchsregelungen oder Verkürzungen von An- und Abmeldefristen, die
die Studienbedingungen aller erleichtern würden, wollen die zuständigen
Entscheidungsträger*innen nichts hören“, erläutert *Uta Lemke* weiterhin.
„Insgesamt finden wir es sehr bedauernswert, dass nun bereits das zweite
Änderungsgesetz vor der eigentlich geplanten großen Novelle des
Hochschulgesetzes verabschiedet werden soll. Die dringend notwendigen
Verbesserungen, die die KSS den Fraktionen seit Langem vorgelegt hat,
fanden bisher keine Berücksichtigung. Enttäuschend“, schließt *Sabine
Giese*.
Die ausführliche Stellungnahme der Konferenz Sächsischer
Studierendenschaften zum „Zweite[n] Gesetz zur Änderung des Sächsischen
Hochschulfreiheitsgesetzes“ kann im Anhang der Pressemitteilung oder auf
der Webseite nachgelesen werden.
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