Sehr geehrter Herr Donocik,
für Ihre Nachricht danke ich Ihnen.
Sie gehen darin auf einen Punkt ein, zu dem in unserem Brief um eine
Erläuterung gebeten war, der Teil Ihrer Resolution vom 13.11.2016
ist und den ich gern zur Kenntnis nehme.
Zu den Thesen oder Themen, die Ihre Einladung auflistet:
Wir haben bereits in unseren früheren Briefen betont, dass wir wie
Sie eine professionsbezogene Lehrerinnen- und Lehrerbildung befördern
und fordern. Die Thesen zielen nun - anders als vorher - eher auf die
Studienqualität vor Ort ab. Auch in Ihrer Nachricht klingt an, dass Sie
ein verlässliches, hinlänglich umfängliches und vielfältiges
lehramtsbezogenes Lehr- und Betreuungsangebot fordern.
Ich unterstütze Sie in dieser Forderung.
Gleichzeitig ist mir jedoch noch nicht ganz klar, welche Rolle Sie hier
den Fachgesellschaften wie der GDCP zuerkennen möchten: Die
Ausgestaltung des Lehr- und Prüfungsangebots ist zuerst Sache der
Fakultäten. Dort ist je die/der Dekan/in verantwortlich dafür, dass das
Lehrangebot dem entspricht, was auch die Prüfungsordnung fordert und was
für ein reguläres Studium nötig ist. Sollte das nicht der Fall sein, ist
jedes Mitglied der Fakultät, insbesondere auch die studentischen
Fachschaften aufgefordert, auf Abhilfe zu drängen. Wo das nicht reichen
sollte, empfehle ich Studierenden, sich an die Vizepräsident/inn/en für
Studium und Lehre zu wenden mit der Bitte, Abhilfe zu schaffen.
Fachgesellschaften wie die GDCP können aktiv werden in Fällen, die eine
Öffentlichkeit haben. Bei Ausschreibungen zu Professuren ist das z.B.
immer wieder der Fall: Sie sind öffentlich einsehbar. Wenn der
Ausschreibungstext erkennen lässt, dass das Profil der zu besetzenden
Stelle nicht dem entspricht, was die GDCP und ihr Dachverband, die GFD
(Gesellschaft für Fachdidaktik), fordern, werden wir aktiv. Das sind
konkrete Situationen, in denen zu erkennen ist, wer jeweils
Ansprechpartner ist und sie haben eine Öffentlichkeit, sodass ein Brief
etwa von einer Fachgesellschaft an eine Fakultät nicht notwendig als
Einmischung in innere Angelegenheiten verstanden werden muss.
Stellungnahmen zu Problemsituationen, die nicht auf einen Ort oder
Zeitpunkt bezogen, sondern genereller Art sind, fassen wir in
Positionspapieren.
Das sind im Wesentlichen unsere Möglichkeiten nach außen.
Mich würde nun interessieren, was Sie sich von einer Fachgesellschaft
wie der GDCP konkret erhoffen. Gern können wir hierüber auch am Telefon
sprechen.
Mit freundlichen Grüßen
Karsten Rincke
Am 13.07.2017 um 18:58 schrieb Niklas Donocik:
> Sehr geehrter Herr Rincke,
>
> vielen Dank für die abermalige Zusendung Ihres Antwortbriefes. Nach
> Rücksprache mit den bisherigen Verantwortlichen dieses Themengebiets und
> des Arbeitskreises möchte ich zu folgendem Absatz Stellung beziehen:
>
> /Ihr Text rekurriert auf ein /bestehendes Verhältnis zwischen der
> Vermittlung der Anwendung und der Weiterentwicklung der
> Fachdidaktik/, das Ihrer Meinung nach zu verändern sei. Wir möchten
> fragen, worin sich Ihrer //
> //Meinung nach dieses /bestehende Verhältnis/manifestiert, woran es
> also ablesbar wäre, sodass wir Ihre Einschätzung besser
> nachvollziehen können./
>
> Unserer Erfahrung nach ist das Verhältnis zwischen der Forschungs- und
> der Lehrtätigkeit an den didaktischen Instituten/ Fachbereichen/
> Abteilungen stark unterschiedlich. Wir quantifizieren das im
> Wesentlichen, wie in unserer aktuellen Einladung formuliert, anhand der :
>
> * Zahl der abgehaltenen Lehrveranstaltungen, der
> * Intensität der Beteiligung an der Praktikabetreuung [1] und der
> * Betreuung von Studienabschlussarbeiten.
>
> Unsere Forderung zielt nicht auf eine Zurückstellung der
> Forschungstätigkeit ab, betont aber, dass aus unserer Sicht die
> Sicherstellung und vollständige Durchführung des erforderlichen
> Lehrprogramms im weiteren Sinne *oberste Aufgabe*//der entsprechenden
> Fachbereiche sein sollte. Dies ist leider an einigen Universitäten aus
> studentischer Sicht nicht der Fall.
> Insbesondere ist schon häufiger von unserer Seite aus der Wunsch nach
> einer/ mehr fachdidaktischen Betreuung bereits in den allgemeinen
> Schulpraktika, zusätzlichen nicht-Pflichtveranstaltungen, insbesondere
> Workshops/ Seminaren [2] und fachdidaktischen Summer Schools
> hervorgebracht worden.
>
> Begründen möchten wir das damit, dass eine Unterbrechung oder
> Einschränkung der Lehrtätigkeit durch die verantwortlichen
> Hochschullehrer und -dozenten einen wesentlich größeren und akuteren
> Impakt auf die Lehrerausbildung hat als eine gleichgeartete
> Einschränkung der Forschungstätigkeit.
> Die Einschränkungen als solche sind selber natürlich nicht
> wünschenswert, aber häufig durch mangelnde personelle und/ oder
> materielle Ressourcen unabdingbar.
>
> Ich möchte des Weiteren noch kurz auf folgende Eingabe Ihrerseits eingehen:
>
> /Gleichzeitig möchten wir darauf hinweisen, dass in der Regel über
> die Promotion hinausgehende Leistungen in //
> //Forschung und Lehre zur Voraussetzung für die Besetzung einer
> Professur gemacht werden (Habilitation, habilitationsäquivalente
> Leistungen). [...] Ein solcher Hintergrund muss aber, wenn er für
> die universitäre Lehre fruchtbar werden soll, durch eine mehrjährige
> Phase der wissenschaftlichen Reflexion begleitet werden, die über
> eine Promotion hinausgeht./
>
> Selbstverständlich! Aber gerade vor diesem Hintergrund sehen wir auch
> die Ausschreibung von Juniorprofessuren als geeignetes Mittel [3],
> offene Stellen zu besetzen und eine Möglichkeit zu schaffen, diese
> wissenschaftliche Reflexion und Fortbildung zu leisten. Wir würden
> ungern aus reiner Tradition auf klassischen Berufungen/ akademischen
> Lebensläufen bestehen; ohne aber natürlich Altbewährtes allzu leicht
> über Bord werfen zu wollen.
>
> Ich hoffe, ich konnte einige der unklaren Punkte erläutern.
>
> Viele Grüße,
> Niklas Donocik
>
> - Aufgabenbereich Lehramt, Co-Sprecher -
> Ständiger Auschuss aller deutschsprachigen Physikfachschaften
>
> ----
> [1] sofern diese von mehreren Akteuren in mehr oder minder freiwilligen
> Maße verantwortet wird; das ist im Wesentlichen in den
> nicht-fachbezogenen (=allgemeinen) Schulpraktika der Fall.
> [2] zum Beispiel zu den Themen der Visualisierung, der
> Aufgabenerstellung und des Einbringens aktueller Forschungsergebnisse in
> den Unterricht.**Hieran wird an vielen Lehrstühlen geforscht, aber
> leider zu wenig gelehrt!
> [3] dass mit dem Thema der Juniorprofessur noch viele weitere Probleme
> verbunden sind, ist uns durchaus bewusst.
>
> Am 13.07.2017 um 01:27 schrieb Karsten Rincke:
>> Sehr geehrter Herr Donocik,
>>
>> für Ihre Nachricht und Einladung vom 09.07.2017 danke ich Ihnen! Auch
>> von unserer Seite möchte ich zum Ausdruck bringen, dass wir den
>> Austausch mit Ihnen sehr schätzen.
>> Im Januar hatte ich Ihrem Ausschuss im Namen des Vorstands der GDCP
>> einen Brief zukommen lassen, der bislang unbeantwortet ist (nochmals im
>> Anhang zu dieser Nachricht).
>> Selbstverständlich schätzen wir den persönlichen Austausch. Gleichzeitig
>> möchte ich mir den freundlichen Hinweis erlauben, dass wir auch der
>> schriftlichen und verbindlichen Kommunikation großen Wert beimessen.
>> Bevor wir ein oder u.U. zwei Tage in unseren Terminplänen für das
>> Treffen mit Ihrem Ausschuss freimachen, möchte ich daher sehr freundlich
>> um eine Antwort insbesondere auf die in meinem Brief gestellte Frage bitten.
>>
>> Mit freundlichen Grüßen
>> Karsten Rincke
>>
>