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Liebe Mitstreiter*innen,
anlässlich der Einladung der Landesrektor*innkonferenz der Fachhochschulen als Reaktion auf unseren Offenen Brief hatten wir uns am 28.3. zu einer Videokonferenz getroffen. Einerseits stellte sich dabei heraus, dass das Treffen der Rektor*inen aufgrund der Corona-Krisenlage bis auf weiteres verschoben wurde. Andererseits gab es schon vorher die Überlegung, dass auch im Hinblick auf das Treffen mit den Rektor*innen das entscheidende ist, sich über die Auseinandersetzungen vor Ort zu verständigen.
Deshalb hatten wir vor allem drei Themen diskutiert:
1) Zivil- und Nachhaltigkeitsklausel: Wie kommt es, dass derzeit (anders als noch im Herbst angesichts der Hochschulgesetzänderung befürchtet) nirgendwo die Zivilklauseln infrage gestellt werden und umgekehrt wie an der TH Köln noch verschärft werden? Was haben wir, was haben Bündnispartner*innen richtig gemacht? Aber auch: Wo fehlt es noch, dass trotzdem an manchen Standorten weiter mit Rüstungsfirmen kooperiert wird oder an der Uni Köln weitgehend unhinterfragt Gutachten gegen den Kohleausstieg entstehen, während das Rektorat zu Klimademos aufruft.
2) Anwesenheitspflichten: Im Gegensatz dazu gibt es an sehr vielen Hochschulen Begehrlichkeiten zur Wiedereinführung von Anwesenheitspflichten (wenn dies bisher auch fast nirgends wirklich geschehen ist). Wie kommt das? Welche Auffassungen sind hier noch nicht überwunden? Welche realen Schwierigkeiten noch nicht von fortschrittlicher Seite überzeugend beantwortet. Dafür hatten wir u.a. auch diskutiert, wann Anwesenheitspflichten historisch erstmals Einzug gehalten haben, welche Interessen dahinter standen und stehen und mit welchen anderen Änderungen die Einführung von Anwesenheitspflichten einher gingen.
3) Corona-Krise Ebenso war es möglich uns über die bisher absehbaren sozialen und kulturellen Anforderungen der Corona-Krise an Studierende und andere Hochschulmitglieder, den Lehr- und Studienalltag zu verständigen und die Bedeutung der bisherigen hochschulpolitischen Initiativen (insb. die vom LAT geforderte Soforthilfe für Studierende in Notlagen und die Lehrenden-Initiative zum „Nicht-Semester“) zu beraten.
Am Ende des Treffens stand der Wunsch, diese Verständigung (zum Beispiel im 2-Wochen-Rhythmus) fortzusetzen. Deshalb erhaltet Ihr jetzt diese Einladung:
Videokonferenz Hochschulgesetz-Bündnis Dienstag, 14.4., 14 Uhr Link:
https://uni-koeln.zoom.us/j/294891922?pwd=b1hLOCtYK2x5TUl0SzQvZFZJcmkrdz09
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Naheliegend und sinnvoll erscheint uns, am Dienstag folgende Fragen zu thematisieren (aber das werden wir sicher zu Beginn gemeinsam klären):
*) (Soziale) Lage der Studierenden in der Corona-Krise
An dieser Stelle ist es aus unserer Perspektive sinnvoll sich weiter zu verständigen. Die Lage vieler Studierender seitdem unverändert prekär - entsprechende sozialpolitische Maßnahmen von Bund und Land sind nach wie vor nicht verabschiedet worden – und an manchen Hochschulen hat trotz des faktischen Ausnahmezustands zusätzlich der reguläre Lehrbetrieb („business as usual“) begonnen, während dieses Agieren wiederum auch zunehmend durch hochschulpolitische Initiativen Studierender in Frage gestellt wird.
*) Krise und Demokratie
Kurz nach unserem letzten Treffen hat die Landesregierung einen Entwurf für ein Pandemie-Gesetz veröffentlicht, das in vielen gesellschaftlich relevanten Punkten die Exekutive ermächtigt, sich über demokratische Prozesse hinweg zu setzen. Die Brisanz dieses Gesetzes steht auch für die Hochschulen außer Frage, steht aktuell doch im Raum ’68 erkämpfte demokratische Rechte massiv zugunsten rektoraler/präsidialer Führung auszusetzen.
Während mancherorts die demokratische Beteiligung im Rahmen der Krisenbewältigung massiv ausgebaut wurde und die Gremien unter erhöhter studentischer Beteiligung wöchentliche Videokonferenzen machen oder sogar kreative Lösungen zur verantwortungsvollen Ermöglichung von Präsenz-Stupa-Sitzungen unter freiem Himmel realisiert werden, betteln andernorts Studierendenparlamente ohne Not die Rektorate an, satzungswidrig ihre Arbeit komplett einstellen zu dürfen.
Wir denken, dass es dringend notwendig ist, zu diskutieren, womit wir es hier - teils auch in den eigenen Reihen - zu tun haben. These: hier zeigt sich genau wie bei den Anwesenheitspflichten, dass Orbigkeitsdenken und Paternalismus noch zu wenig geknackt sind und es dafür auch noch zu sehr an glaubhaft gelebten Alternativen fehlt.
*) Nach der Krise: Zurück zum "Business as usual"?
Damit geht die Frage einher, was es heißt aus der Krise zu kommen und wie die Welt danach sein soll. Bereits beim letzten Mal war eine These, dass die aktuellen Konflikte (z.B. auch innerhalb der verfassten Studierendenschaft) sich weniger auf die kurzfristig notwendigen Maßnahmen beziehen als auf die Perspektive für das Ende der Krise:
Soll nach einer krassen Ausnahmesituation möglichst schnell zum (positiv bewerteten) "business as usual" zurückgekehrt werden? Oder spitzt sich in der Krise zu, was schon im "business as usual" ein Problem ist (Vereinzelung, unterfinanziertes Gesundheitssystem, Autoritätsorientierung, mangelnde europäische Solidarität, Festung Europa, Entfremdung der Arbeit)?
Vor diesem Hintergrund stellt sich dann in Anknüpfung an die Zivilklausel-Diskussion vom letzten Mal auch die Frage, welche Rolle die Hochschulen zur Bewältigung der gegenwärtigen Krise einnehmen sollten.
Verbreitet diese Mail gerne weiter.
Wir freuen uns auf spannende Berichte, Debatten und konkrete Schlussfolgerungen,
Viele Grüße von den GEW Studis NRW und den Aktiven aus Köln und Bochum