Lieber Herr Jäger, lieber Herr Wolba, liebe Mitleser (A,B zu lesen reicht, ich habe zudem den Stellv. SKM-Sprecher Prof. Martin Wolf ins CC gesetzt):
(A) Bei jeder Aktivität zum Thema NFDI/Open Science wird es schnell emotional.
Nach dem DFG-Termin Mitte Dezember wird sich dann sicher gewisse Ernüchterung breit machen.
Da zudem der echte, wahre Reaktionsschluss für das Program erst der 14.1. ist, muss nur die Grobplanung
Weihnachten fertig sein, Abstracts etc. können dann in der ersten Januarhälfte eingepflegt werden.
(B) Bei der Börsensitzung werden wir sicher auch noch einmal über die Konzentration auf NFDI oder die Öffnung Richtung Open Science reden müssen.
Open Science ist eine zutiefst politische Frage.
Ein Beispiel: Dem wissenschaftlichen Fortschritt wie der Epidemiologie würde es eher nutzen als schaden, wenn Wissenschaftler auf alle Krankheitsdaten und auf die zugehörigen Facebook Accounts zugreifen könnten........ Was natürlich bei uns keiner will,
was aber durchaus andere Gesellschaften/Regierungen [ja, ich weiß: Regierung=!=Gesellschaft] anders sehen könnten.
Die NFDI dagegen ist am Ende des Tages rein grammatikalisch eine Infrastruktur.
Dann sollten in einem SKM-Rahmen auf jeden Fall mitreden
- Personen, die schon eigene Peta-Bytes an Daten produziert haben
- Personen, die eigenen Patente besitzen, also nachweislich mindestens einmal in ihrem Leben eine Zeit lang schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen hatten.
(C-E) Vielleicht ist das der falsche Ort, "die Physik" und die DPG gegen den Vorwurf (implizit auch im ZaPF-Paper angesprochen) zu verteidigen, sie habe es nicht geschafft, sich auf eine Initiative zu einigen. Dennoch:
(C) In der Physik als Mutter aller Wissenschaften (so sehen viele inklusive mir die Physik [wobei ich kein gutes Bild für die Rolle der Mathematik habe]) ist eine gemeinsame Infrastruktur weniger leicht zu etablieren als bei deren Kindern:
- Die Chemie ist ein allein-aufgezogenes Kind als sich emazipiertes Spezialgebiet der Molekülphysik.
- Geologie (inklusive Planetenwissenschaft) , Materialphysik, Biophysik und vielleicht weitere haben als anderes Elternteil eine beschreibende, aufzählende Wissenschaft wie die Geographie, Botanik, Prozesstechnik,..., sind also eher prädestiniert für eine
"aufzählende/additive/beschreibende Infrastruktur."
(D) Andererseits haben Physiker in Teilbereichen schon unvergleichliche Vorarbeiten für Daten-Infrastruktur geleistet, nicht zuletzt weil sie internationaler agieren als z.B. alle Militärs und Geheimdienste, die übrigens in anderem Sinn unvergleichliche
Dateninfrastruktur-Vorarbeiten aufweisen könnten, wenn sie wollten ;-).
Daher neige ich selbst zur positiven Sicht, dass die verschiedenen Physik-Konsortien auch Ausfluss sehr guter, aber eben unterschiedlicher Vorarbeiten sind.
Mein Eindruck ist, dass es z.B. infrastrukturell(!) leichter ist, FAIRmat mit der gesamten(!) Chemie zu vereinen als mit der Teilchen-Physik und der Astrophysik.
Die ersten beiden Gebiete haben viele, eher unstrukturierte Quellen kleiner Datensätze, während den anderen beiden gemeinsam ist, dass sie wenige Quellen hochstrukturierter und automatisiert generierter und erfasster Daten haben.
(E) Es wird oft übersehen, dass die (sicher hinterfragbare) politische Vorgabe als Endziel eine(!) - logischerweise ganz neuartigen - Infrastruktur (für alle beteiligten) Fächer hat.
Ob es zur Erreichung dieses Ziels sinnvoll ist, auf einer Zwischenebene die traditionellen Fachdisziplinen als Organisationsprinzip einzuführen, halte ich für eine zumindest offene Frage.
[[Plumpe Vergleiche sind gefährlich, aber nicht immer, wenn man etwas Universitätsweites erreichen will, ist es sinnvoll, erst alle Fakultäten auf dieses Ziel einzuschwören. Viel zu schnell wird das eigene Anliegen dann in den Jahrzehnte alten Rivalitäten innerhalb der Fakultäten oder zwischen diesen zerrieben.]]
Genug der Gedanken zum Samstagmorgen.
Beste Grüße, besten Dank für Ideen, Anregungen und Namen
-erich.runge
(SKM Sprecher)