"Einer redet, viele rauchen. (...) Derjenige, der gerade redet, fragt, ob das
Oberseminar von Renke gesprengt werden soll. Jetzt redet nicht mehr einer, jetzt reden
viele. (...) Jemand zitiert aus einem Aufsatz, den Renke 1940 veröffentlicht hat: Der
Erzieher müsse in dem Jugendlichen eine reine Liebe zu dem Führer wecken. Viele rufen:
Pfui. (...) Jemand schlägt vor, keinem über dreißig zu trauen. (...) Einer behauptet:
Irren sei menschlich und übersetzt es gleich ins Lateinische. (...) Einer fordert:
Ornithologen raus. Jemand ruft: Bürokrat. (...) In der ersten Reihe steht eine auf und
ruft: das ist ja zum Davonlaufen, und setzt sich wieder hin. (...)Man beschließt, nochmal
von vorn anzufangen (...)Jemand sagt: Das ist ein Lernprozeß.Niemand
widerspricht."(Uwe Timm, Heißer Sommer)
Liebe ZaPFika,
wir sind ein bisschen erstaunt darüber, dass die zur Debatte stehenden Resolutionsentwürfe
auf so deutliche Kritik stoßen: Bei der Endveranstaltung der ZaPF wurden Vorversionen
davon ausgiebig und teils auch kontrovers diskutiert. Im Anschluss an diese Debatten
wurden jeweils Meinungsbilder abgefragt, die jeweils eine überwältigende Mehrheit für
diese Resolutionen in einer angeichts der Debatte noch zu überarbeitenden Fassung ergaben.
Die jetzt vorliegenden Fassungen sind unserer Ansicht genau solche Überarbeitungen, die
die damalige Debatte widerspiegeln, und wir fragen uns, warum die Kritik daran nicht schon
bei der Enveranstaltung angebracht wurde, zumal sie größtenteils von Fachschaften kommt,
die sich an dieser Endveranstaltung beteiligt haben.
Sicherheitshalber wollen wir betonen, dass wir zwar die neuen Versionen nochmal deutlich
besser finden als die ursprünglichen, uns aber auch mit einem Beschluss der früheren
Versionen oder einer Mischung anfreunden können, falls das hilft.
In jedem Falle ist uns sehr daran gelegen, dass beide Resos in der einen oder anderen Form
beschlossen werden:
Aus eigener Erfahrung wissen wir, wie unterschiedlich verschiedene Fachbereiche mit der
Umstellung auf online-Betrieb untergegangen sind: Während bei uns die Physik früh
verschiedene Taskforces gebildet hat, die unter breiter demokratischer Beteiligung aller
Statusgruppen und teils auch von Studierenden geleitet teils bis in die Nächte Lockerungen
der Studienordnungen, technische Aufrüstung der Veranstaltungsräume, didaktische
Reflexion, Anleitung für Videoschnitt-Tools usw. ziemlich erfolgreich erarbeitet haben,
hat in der Mathematik schlicht niemand mit irgendwem anderem gesprochen – mit
entsprechendem Ergebnis.
Unsere Erfahrung war aber auch, dass es oft an wenig fehlt, um das Blatt in – sagen wir
mal – ziemlich abwegig verkackten Veranstaltungen zu wenden.
Einerseits ist dieser Prozess bei weitem noch nicht abgeschlossen. Andererseits findet
gerade die Auswertung der Umstellung auf online-Lehre statt, um daraus für die nächste,
gerade anlaufende Umstellung auf Präsenz/online-Hybridbetrieb zu lernen. Voraussetzung
dafür, dass Menschen die verantwortungsvolle Wiederaufnahme des Präsenzbetriebs trotz
aller damit verbundener Herausforderungen zeitnah in Angriff nehmen, ist ein
Problembewusstsein dafür, warum selbst perfekt realisierte online-Lehre keine erfreuliche
Perspektive ist, ein Problembewusstsein, dass eine Hochschule mehr als die
Lehrveranstaltungen ist (und erst recht mehr als die Prüfungen), und ein
Problembewusstsein dafür, dass – anders als zu Beginn des Lockdowns als selbst das
nervigste ZOOM-Meeting besser war als gar kein Außenkontakt – der Wiederbeginn des prallen
Lebens in allen Bereichen außer den Hochschulen schon jetzt dazu führt, dass Menschen sich
zunehmend komplett von den Hochschulen entfernen oder nur noch Dienst nach Vorschrift
machen.
In dieser Situation (wie auch bei der irgendwann zu erwartenden dritten Umstellung von
Hybrid- auf Präsenz-Vollbetrieb) kommt es wieder darauf an, dass Menschen miteinander
kommunizieren. Entscheidend dafür, dass dies gelingt, ist unserer Erfahrung nach
zweierlei:
Erstens muss es in allen Fachbereichen trotz Kommunikationsbarrieren gelingen, dass trotz
Meinungsverschiedenheiten geradeaus und mit offenem Visier angesprochen wird, worüber man
sich ärgert, freut, wo man nicht weiter weiß, was man gerne mal ausprobieren möchte, woher
man die Motivation für die ganze Zusatzarbeit nimmt, warum man irgendwann mal mit dem
Studium / dem Job angefangen hat und welche Perspektive man gerade verfolgt.
Zweitens kommt es darauf an, dass die Krise nicht nur verwaltet wird, sondern mitgedacht
wird, was aus der aktuellen Lage für die nach-Krisen-Zeit gelernt werden sollte. – Und sei
es auch nur ein kleines Detail.
Beides sollte natürlich Konsequenzen auf der Ebene konkreter Maßnahmen haben, dennoch geht
es dabei vor allem um prinzipiellere Entwicklungsperspektiven.Wir verstehen beide Resos
als ultra wichtige und auch gelungene Anregungen dafür.Tatsächlich ist keiner der Gedanken
vollkommen neu und ohne Corona irrelevant. Die Kombination dieser Überlegungen, die quasi
vollständig aus bestehenden ZaPF-Beschlüssen kommen, ist aber in der Kombination deshalb
hoch aktuell, weil sich durch die online-Lehre – so die Debatte in mehreren AKs –
alte/dauernde (hoschuldidaktische) Herausforderungen und Kontroversen so sehr zuspitzen,
dass prinzipielle Entscheidungen getroffen werden, die die Krise lange überdauern
könnten.
In diesem Sinne wollen wir dazu ermutigen, den Resos in der vorliegenden oder einer
überarbeiteten Fassung zuzustimmen.
Viele Grüße aus Köln,Stefan
Am Samstag, den 13.06.2020, 18:54 +0200 schrieb Daniela Kern-Michler:
Liebe Fachschafte, Liebe ZaPFika,
auf dem Abschlusstreffen der DigitalZaPf wurde u.a. eine Reso zur Prioritätensetzung der
Hochschulen während der Coronazeit diskutiert. Den daraus entstanden überarbeiteten Text
findet ihr in dieser Mail. Am nächsten Donnerstag entscheidet der StAPF, ob er in
Vertretung für ein Endplenum einen Beschluss dazu fasst oder nicht. Um diese Entscheidung
gut treffen zu können, sind Positionierungen der Fachschaften und ZaPFika nötig. Deshalb
meldet Euch bitte per Mail beim StAPF(stapf(a)zapf.in) oder verfasst einen Beitrag im Forum
(
https://talk.zapf.in/t/kritik-an-der-prioritaetensetzung-im-angesicht-der...).
Bitte meldet Euch insbesondere, wenn ihr Bedenken habt. Oder auch, wenn ihr mehr Zeit
braucht, um Euch zu positionieren.
Hier kommt der neue Text:
Perspektiven für Hochschulentwicklung in und aus der Coronakrise
Der Widerstreit zwischen der Bewahrung des prä-Corona „business as usual“ und der
empathischen Reaktion auf die aktuellen Herausforderungen, spitzt sich angesichts der
Coronakrise zu und es entstehen gleichzeitig neue Initiativen sich lange verschleppten
Problemen zu stellen.
Exemplarisch für die Absurdität des Festhaltens am Status Quo ist der immense
Arbeitsaufwand, der derzeit für pünktliche, rechts- und betrugssichere Prüfungen betrieben
wird – sogar dort, wo es an sinnvollen Lehrkonzepten zur Vermittlung des abzuprüfenden
Stoffes unter den gegebenen Bedingungen fehlt. Teilweise werden Prüfungen mitten im
Semester in Präsenz nachgeholt, während über Präsenzlehre noch nicht einmal ernsthaft
nachgedacht wurde.
Auf der anderen Seite übernehmen verschiedenste Akteure wie das Solidarsemesterbündnis
[1] Verantwortung für eine angemessene Berücksichtigung der schwierigen sozialen Lage von
Hochschulmitgliedern (vgl. [2] & [3]). Wieder andere arbeiten mit großem Einsatz
daran, dass im Corona-Lehr-Alltag physical distancing nicht in social distancing
umschlägt. Dabei sind spannende didaktische Fortschritte gemacht worden, die
richtungsweisend auch über die Krise hinaus sind.
Die aktuelle Entwicklung an den Hochschulen ist doppelt entscheidend:Zum einen ist gerade
in der aktuellen Situation die Wissenschaft gefordert ihrer gesellschaftlichen
Verantwortung nachzukommen. Dazu gehört neben der ganz offensichtlich notwendigen
wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit einer neuen Viruserkrankung und ihren sozialen
Folgen unter anderem die Aufklärung über Falschdarstellungen, Kriegsursachen, sowie
Forschung über Rassismus, über zivile Möglichkeiten zur Lösung von Ressourcenkonflikten
und die solidarische Überwindung der Klimakrise. (vgl. [4]) Ernsthaft verfolgt erfordert
dies auch die engagierte Positionierung für die Beendigung jeglicher Unterdrückungs- und
Machtpolitik, aktuell der nuklearen Teilhabe.
Zum anderen stellen sich gerade jetzt die Weichen für den Wiedereinstieg in die
Präsenzlehre und für die zukünftige Gestaltung der Strukturen innerhalb der Hochschulen.
Diese Umbruchphase kann und muss dafür genutzt werden, sich hochschuldidaktischen
Herausforderungen und der sozialen Lage der Hochschulmitglieder zu stellen, auf eine
Kultur echter, angstfreier Neugierde zu setzen (vgl. [5 1]), wirklich relevante
Fragestellungen in den Blick zu nehmen und tatsächlich gesellschaftliche Verantwortung zu
übernehmen
Liebe Grüße,
Daniela (die auf ganz viel Meinungsmitteilungen hofft)
P.S.: Den zweiten Beschluss zu Richtlinien für barrierearme und faire
Prüfungsdurchführung findet ihr hier:
https://talk.zapf.in/t/richtlinien-fuer-barrierearme-und-faire-pruefungsd...
On 12.06.20 00:09, Andreas Drotloff wrote:
> Hallo liebe ZaPFika,
> wie ich im Abschlusstreffen am Sonntag angekündigt hatte, folgen hier die
überarbeiteten Versionen der beiden Beschlussvorlagen, über die auf der nächsten
StAPF-Sitzung abgestimmt werden soll. Reminder: die Sitzung findet am 18.06.2020 um 18 Uhr
via Mumble statt und ihr seid natürlich alle herzlich eingeladen.
> Die aktuelle Version der Beschlussvorlagen findet ihr im Anhang. Wir möchten euch
bitten, die beiden Anträge in euren Fachschaften zu besprechen und rückzumelden, wie ihr
dazu steht. Je mehr Feedback wir erhalten, desto leichter fällt es dem StAPF eine
Entscheidung im Sinne der ZaPF zu treffen.
> Diskussionen über Formulierungen sowie redaktionelle Anmerkungen sind weiterhin sehr
erwünscht! Beide Resos können bis zur StAPF-Sitzung noch weiter aufpoliert werden und
vielleicht lassen sich auch evtl. missverständliche Inhalte so noch korrigieren. Größere
inhaltliche Änderungen halte ich nur im Ausnahmefall für möglich und zielführend (konkret,
falls sich dadurch großflächige Kritik von Seiten der Fachschaften eindeutig beheben
ließe) - auch hier wird der StAPF in der Sitzung abwägen, ob wir Anpassungen noch
vertreten können.
> Nutzt für weitere Diskussionen bitte entweder die ZaPF-Liste (zapflist(a)zapf.in) oder
die Themen im Forum:
> -
https://talk.zapf.in/t/kritik-an-der-prioritaetensetzung-im-angesicht-der...
https://talk.zapf.in/t/richtlinien-fuer-barrierearme-und-faire-pruefungsd...
> Liebe GrüßeAndy aus dem StAPF
>
>
>
>
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