Hallo liebe Fachschaft,
anfürsich eine sehr gute Idee, was ihr da habt, ich wollte auch schon
lange was auf die Beine stellen, nur leider binden mir die Pläne von
Frau Bauer (Einführung von Studiengebühren in BaWü) leider momentan die
Ressourcen.
Ich habe allerdings ein paar Anmerkungen zu eurer E-Mail, da diese
leider teilweise inhaltlich etwas neben der Realität liegt. Anmerkungen
hierzu im Text.
Habt ihr euch schon einmal überlegt, ob ihr auch die
Landesstudierendenvertretungen und den fzs (das ist sowas wie der AStA,
nur auf Bundesebene und als Verein organisiert) mit ins Boot holen
wollt? Man kann vom fzs politisch halten, was man möchte, aber er hat
doch ein gewisses Erfahrungspotential, was bundesweite Aktionen angeht.
Beste Grüße aus Konstanz,
Patrick
Mitglied FS Physik Uni Konstanz
Sprecher Landesstudierendenvertretung BW
Am 06.12.2016 um 11:49 schrieb Fachschaft Physik:
Liebe Fachschaften,
wir als Fachschaft 4 (Soziale Arbeit und Gesundheit) der Frankfurt
University of Applied Sciences planen eine Protestaktion gegen den
Rahmenvertrag der Verwertungsgesellschaft Wort und den Änderungen, die
den Alltag jedes Studierenden und die Qualität der Lehre in Zukunft
stark beeinträchtigen wird. Und wir planen nicht nur eine kleine,
ortsgebundene Demo oder eine Pressemitteilung, sonder einen
deutschlandweiten Protest, der öffentlichkeits- und medienwirksam sein
soll, denn wir haben nicht nur euch kontaktiert, sondern auch sämtliche
anderen Fachschaften in Deutschland (zumindest in den Bundesländern, die
dem Rahmenvertrag nicht beigetreten sind, was immerhin 11/16 sind). Die
Änderungen gehen uns alle an!
Den Rahmenvertrag haben alle(!) Bundesländer
unterschrieben, vertreten
durch die KMK. Genau genommen ist der Rahmenvertrag ein Vertrag zwischen
dem Bund und den Ländern. [1]
Die Hochschulen können sich hierbei einzeln Entscheiden, ob sie dem
Rahmenvertrag beitreten wollen, oder nicht. Bei den allermeisten
Hochschulen benötigt es hierbei einen Beschluss des Akademischen Senats.
Es ist allerdings tatsächlich so, dass sich die
Landesrektorenkonferenzen (LRK) / Landeshochschulkonferenz (LHK) der
Universitäten und/oder der Fachhochschulen (HAWen) in 11 von 16
Bundesländern dagegen ausgesprochen haben dem Rahmenvertrag nicht
beizutreten. Man könnte dies auch so ausdrücken, dass sich die Rektoren
in diesen Bundesländern dazu verpflichtet haben, dahingehend auf ihren
Senat einzuwirken, dass dieser beschließt dem Rahmenvertrag nicht
beizutreten.
Worum geht es genau? Zusammengefasst: Die Kultusministerkonferenz (KMK),
der Bund und die VG Wort haben sich auf einen neuen Rahmenvertrag im
Zuge der Änderung von §52a UrhG geeinigt, der ab dem 01.01.2017 in Kraft
tritt.
Die letzte Änderung des § 52a UrhG ist vom 10.09.2003. Tatsächlich hat
der neue Rahmenvertrag einen anderen Grund: Die VG Wort ist verklagt
worden und hat von den Gerichten auferlegt bekommen, dass sie die
Tantieme nicht wie bisher an die Verlage auszahlen darf, sondern direkt
an die einzelnen Autoren auszahlen muss. Und das auch rückwirkend die
letzten 10 Jahre. Da man mit einer Pauschalabrechnung nur sehr schwer
herausfinden kann, was dem einzelne Autor tatsächlich an Tantiemen
zusteht, hat die VG gerichtlich erstritten, dass es an den Hochschulen
eine Einzelabrechnung gibt. Die Richter sind der VG Wort gefolgt und
haben geurteilt, dass die VG Wort (wie alle anderen
Verwertungsgesellschaften auch) das Recht besitzen, eine
Einzelabrechnung zu Verlangen. Auf dieses Recht können sie zwar
verzichten, aber die Länder dürfen es nicht von ihr verlangen.
Daraufhin hat die VG Wort den bis Ende '15 gültigen Rahmenvertrag nicht
verlängert, sondern den Hochschulen lediglich eine Übergangsfrist bis
Ende '16 gewährt. Alle anderen Verwertungsgesellschaften haben übrigens
von ihrem Recht der Einzelabrechnung nicht gebraucht gemacht und die
bisherigen Rahmenverträge mit Pauschalabrechnung verlängert.
Bisher haben die Länder einen Pauschalbeitrag an die VG Wort
gezahlt, damit Materialen in einem geschützen Kreis verbreitet werden
durften. Mit dem neuen Vertrag soll jede Verbreitung eines Textes
einzeln an die VG Wort gemeldet und dann abgerechnet werden, was vor
allem für kleine Verlage und unabhängige Autoren (finanziell) von
Vorteil wäre. Der Haken an der Sache ist allerdings dieser: Die
Dozierenden brauchen pro hochgeladenen Text durchschnittlich ca. 2
Minuten. Bei einem Pilotprojekt der Universität Osnabrück stellte sich
diese einzelne Erfassung als durchweg zeitraubend und nervig herraus,
viele Lehrende stellten wesentlich weniger Material online oder
beauftragten die Studierenden, sich die Litaratur selbst zu suchen.
(Weite Infos hier:
https://www.virtuos.uni-osnabrueck.de/forschung/projekte/pilotprojekt_zum...)
Also alles im allem eine reine Personal- und Kostenfrage, die die
meisten Hochschulen nicht stemmen können. Deshalb traten bisher 11
Bundeländer dem neuen Vertrag NICHT bei.
Wie oben schon erwähnt, die Bundesländer
haben den Vertrag nicht
unterschrieben, lediglich einzelne Hochschularten (Unis, HAWen,...)
haben sich in den 11 Bundesländern dazu ausgesprochen, dem Vertrag nicht
beitreten zu wollen.
Wir hoffen, dass die Hochschulen im Bund oder in den einzelnen Ländern
sich vereinen und der VG Wort einen Gegenvertrag anbieten, durch die
Rechtssprechung ist diese Möglichkeit allerdings eher unwahrscheinlich.
Nicht nur
unwahrscheinlich, sondern unmöglich. Etwaige Verträge, welche
den § 52a unterlegen (wie der Rahmenvertrag) werden zwischen Bund und
Ländern geschlossen. 17 Vertragspartner in einem Vertrag sind noch
zumutbar, aber stellt euch mal einen Vertrag vor, den über 300
Vertragspartner unterschreiben sollen! Zudem kann man, wie oben erwähnt,
keine Pauschalabrechnung verlangen.
Durch den Schritt an die Öffentlichkeit und die Presse hoffen wir,
den
Druck auf die Regierung zu erhöhen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
Der
Druck wird ebenfalls von den Autoren kommen, da diese jetzt so gut
wie kein Geld mehr bekommen. Es wollen ja ca. 3/4 aller Hochschulen auf
einmal keine Beiträge mehr zahlen ;) Aber das nur als Anmerkung.
Was bedeutet das für uns Studierenden? Wir kehen am Januar zurück in die
Zeit, bevor es das Internet gab. Statt Materialien bequem über
E-Learning-Plattformen herunterladen zu können, werden wir im Zukunft
die Texte in der Bibliothek selbst raussuchen und kopieren dürfen.
Einige Lehrende werden wohl dazu zurückkehren, wichtige Materialien in
den Seminaren und Vorlesungen zu verteilen, aber auch das wird leider
nicht immer so sein. Mit Glück entscheiden sich Lehrende dazu,
Semesterapparate in der Biblothek zu hinterlegen, da bliebe uns
zumindest die Recherche erspart, allerdings kommen wir ab Januar nicht
drum herum, viel Zeit und auch viel Geld (denn Kopien kosten ja
bekanntlich auch) in den Bibliotheken der Hochschulen zu lassen. Dies
widerum bedeutet einen großen Rücksschritt in der Qualität der Lehre und
der Quantität der Möglichkeiten.
Es gibt noch die Möglichkeit der Verteilung per
Link (=Verweis auf die
Werke), da zumindest viele Universitätsbibliotheken die meisten Werke
online anbieten. Hierzu gibt es übrigens auch ein sehr interessantes
Urteil des EUGH, welches den Bibliotheken erlaubt, Werke einzuscannen
und in ihren Räumen digital zur Verfügung zu stellen, aber da muss ich
nochmal nachschauen, wie das genau war.
Und was jetzt? Wir wollen Protestieren!
Wie soll das ganze aussehen? Da wir im ersten Schritt erst einmal
herausfinden wollten, wie viele Hochschulen und Fachschaften denn
mitmachen würden, haben wir uns bisher nicht auf eine genaue Form des
Prostest geeinigt. Ob Demonstration, Petition, Kunstaktion,... der
Kreativität sind in diesem Fall keine Grenzen gesetzt.
Wie gesagt, setzt euch mal
mit dem freien zusammenschluss aller
student_innenschaften auseinander, die haben Erfahrung und machen glaube
ich auch irgendwas in der Richtung.
Falls ihr Intersse an einer deutschlandweiten gemeinsamen Protestaktion
habt, dann meldet euch bei uns. Ideen und Anregungen sind natürlich
immer gerne gesehen. Wir werden diese dann Zusammentragen und nach
Abwägung aller Vor- und Nachteile entscheiden.
Wir bitten euch zu berücksichtigen, dass wir bei einer Menge von ca. 300
Hochschulen und demenstprechend vielen Fachschaften, die wir kontaktiert
haben, nicht auf jede Rückmeldung einzeln antworten können. Lesen werden
wir trotzdem jede einzelne. Zu gegebenem Zeitpunkt werden wir, wie eine
Art Rundmail, alle interessierten Fachschaften in Kenntnis setzen.
gerne dürft ihr
mich auf einen entsprechenden Verteiler setzten, ich
kann die Informationen auf wunsch auch gerne an einige Stellen weiter
leiten.
Vielen Dank im Vorraus und auf eine gute Zusammenarbeit,
Da mir momentan noch etwas
fehlt, wie ihr gegen das UrhG protestieren
wollt (was auch eine sehr schöne Sache wäre und in dem Rahmen auch
durchaus angebracht) würde ich euch hier empfehlen euch einmal mit den
Bibliotheken [2] kurzzuschließen, da ich erfahren habe, dass diese auch
etwas zur Änderung des UrhG machen möchten.
Also konkret habe ich an euch die Frage: Was wollt ihr am UrhG ändern?
Für welche Änderungen protestieren? Ich habe auch schon einmal kurz mit
Ministerin Bauer (MWK BaWü) darüber gesprochen, und sie meinte nur, dass
das zwar auch von den Ländern aus geht, aber sehr schwierig ist und
lange dauert. Aber ich denke, dass auch einige Länder eine
dementsprechende Gesetzesänderung befürworten würden.
So, viel Text für eigentlich keine Zeit =)
Ich wünsche euch noch viel Erfogl und freue mich von euch zu hören,
Patrick
[1]
https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/PresseUndAktuelles/2016/Rahmenv...
[2]
http://www.bibliotheksverband.de/