Die Winter-ZaPF 2023 möge beschließen:
Das Parlament des Landes Nordrhein-Westfalen, Ministerium für
Kultur und Wissenschaft
des Landes Nordrhein-Westfalen
Die ZaPF fordert das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des
Landes Nordrhein-Westfalen auf, bei der
Hochschulgesetz-Novellierung besonders studentische Perspektiven
zu berücksichtigen und die Studierenden in die weitere Entwicklung
mit einzubeziehen. Besonders in Zeiten von Krisen, Inflation und
verbreiteter studentischer Armut, in denen Hochschulen sich zudem
der Herausforderung des Fachkräftemangels stellen sollen, bedarf
es konsequenter Ansätze, die diese Probleme auch adressieren:
Wir fordern erstens zusätzlich zu der bereits geplanten
Viertelparität im Senat eine Viertelparität in allen Gremien der
Hochschule, in denen Studierende bislang unterrepräsentiert sind.
Studierende sind die zahlenmäßig größte Statusgruppe an der
Universität, haben aber im Vergleich zu Professor*innen ein sehr
geringes Mitspracherecht. Alle Gruppen an der Universität müssen
gleichberechtigt vertreten sein, alles andere ist undemokratisch.
Wir fordern zweitens, dass Rektorate an die Beschlüsse der Senate
sowie Dekanate an die Beschlüsse der Fakultäts-/Fachbereichsräte
gebunden sind. Es soll den Rektoraten beziehungsweise Dekanaten
nicht möglich sein, Beschlüsse von Senaten beziehungsweise
Fakultäts-/Fachbereichsräten zu umgehen oder diese sogar komplett
zu ignorieren. Ansonsten ist die Viertelparität keine wirkliche
demokratische Gleichberechtigung.
Wir fordern drittens eine Reform des Hochschulrates. Dieser muss
grundsätzlich öffentlich tagen; sowohl die Studierenden- als auch
die Arbeitnehmer*innen müssen proportional repräsentiert sein. Der
Hochschulrat ist ein undurchsichtiges Gremium, welches viel Macht
über die gesamte Hochschule ausübt und z.B. das Rektorat mitwählt.
Viele wichtige Entscheidungen, insbesondere z.B. der Beschluss des
Hochschulhaushaltes, erfordert die Zustimmung des Hochschulrates.
In diesem sind oft Großunternehmen als Arbeitgeber vertreten, eine
studentische Vertretung gibt es hier jedoch nicht und auch nur
selten eine Arbeitnehmer*innen-Vertretung. Dies ist fundamental
undemokratisch!
Wir bekräftigen die Forderungen der ZaPF, dass die Hochschulen
gewappnet sein müssen, sich kritisch mit aktuellen Krisen und
gesellschaftlichen Verhältnissen auseinanderzusetzen. Dies ist nur
möglich, wenn sie frei von Partikularinteressen sind. Wir fordern
die Landesregierung deswegen dazu auf, die gesetzliche
Zivilklausel, die Aufgabe der Hochschulen zu Frieden, Demokratie
und Nachhaltigkeit in der Welt beizutragen, wieder einzuführen
[2]. Zudem fordern wir, dass das Thema Nachhaltigkeit in der Lehre
verankert wird [3] und nur freie Open-Source-Software aus
öffentlichen Geldern finanziert werden darf [4].
Wir fordern, dass kostenlose Deutschkurse im Hochschulgesetz
verankert werden und an Hochschulen in ausreichender Menge
angeboten werden.
Internationalisierung heißen wir sehr willkommen, jedoch sind
Probleme für internationale Studierende hier die Regel und müssen
angegangen werden. Momentan verursacht der Status quo für viele
internationale Studierende, besonders für die aus dem globalen
Süden, ein sehr entfremdetes Studium; permanente Probleme mit
Visa und permanente finanzielle Sorgen in einer fremden Kultur
verursachen große Einsamkeit und Frust [5].
Der geplante Ausbau des 0. Semesters [6] wird von der ZaPF als
guter Ansatz für eine Verbesserung des Studieneingangs erkannt.
Dies muss jedoch unbedingt auch BAföG-relevant sein und den
Anforderungen, einen flexibleren Einstieg ohne größeren Aufwand zu
ermöglichen, gerecht werden. Beispielregelungen hierfür existieren
bereits an der Westfälischen Hochschule.
Die ZaPF fordert eine vollwertige, gesetzlich verankerte
Personalvertretung für studentische Beschäftigte im Gesetz [2]: Es
muss dringend Verbesserungen für studentische Hilfskräfte geben.
In der jetzigen Situation wird Machtmissbrauch nicht viel in den
Weg gestellt, da die Beschäftigungsgruppe keine
Interessenvertretung mit realer Macht und Ressourcen hat.
Wir fordern, dass das endgültige Nicht-Bestehen von Prüfungen
komplett abgeschafft wird [7].
Alle Statistiken zu psychischer Gesundheit weisen auf eine
katastrophale Situation unter Studierenden hin. Dies liegt erstens
an der finanziellen Lage und zweitens am Stress des Studiums.
Ersteres kann nicht alleine durch das Hochschulgesetz gelöst werde
und bedarf weiterer Initiativen der Landesregierung. Zweiteres
jedoch kann und muss durch die verbindliche Einführung bereits
erfolgreich getesteter Modelle wie das Bielefelder [8] angegangen
werden.
Die ZaPF fordert, dass der geplante Ausbau von
Weiterbildungsstudiengängen gesellschaftlich verantwortungsvoll
angegangen wird. Weiterbildungsstudiengänge dürfen keine von
Unternehmen oder Einzelpersonen gezahlten Gebühren verlangen und
müssen eine Durchmischung mit der allgemeinen Studierendenschaft
vorsehen. Hierfür muss es auch ausreichend Personal, mit
angemessenen Arbeitsbedingungen, geben.
Wir begrüßen das Vorhaben, die Hochschulen für Studierende
attraktiver zu machen und als Ort des lebenslangen Lernens
aufzubauen. Auch mehr Möglichkeiten für Weiterbildung an
Hochschulen für Personen ohne Abitur sind gute Ziele für eine
diversere und offenere Studierendenschaft.
Weiterbildungsstudiengänge sind allerdings momentan mit
kostendeckenden Gebühren versehen. Studiengebühren führen immer zu
einem Verlust an Chancengerechtigkeit.
Anhand von aktuellen Beispielen erkennt man, dass
Weiterbildungsstudiengänge unter den aktuellen Bedingungen kaum am
Allgemeinwohl orientiert sind, sondern vor allem auf die
Anforderungen von Arbeitgebern zugeschnitten werden, die
gleichzeitig einen immer höheren Anteil an der
Hochschulfinanzierung ausmachen werden. Dies wird den Hochschulen
nicht mehr die Möglichkeit geben, unabhängig von der Interessen
der Unternehemen, die sie finanzieren, zu handeln.
Zudem ist schon jetzt an einigen Hochschulen zu beobachten, dass
diese Studiengänge separiert von den klassischen Studiengängen
angeboten werden. Für einen wirklichen Mehrwert bedarf es aber an
Durchmischung dieser mit den sonst an der Hochschule vorhandenen
Studiengängen, denn nur so kann es zu einem offenen, belebten
Diskurs kommen.
Referenzen:
[1] Exemplarische Studien: https://www.tk.de/presse/themen/praevention/gesundheitsstudien/tk-gesundheitsreport-2023-2149758
https://gesunde.uni-koeln.de/sgm/content/befragung/index_ger.html
[2] Resolution der ZaPF: https://zapfev.de/resolutionen/sose18/Hochschulgesetze/reso_hsgesetze.pdf
[3] Resolution der ZaPF: https://zapfev.de/resolutionen/sose23/Nachhaltigkeit/Resolution_zur_Nachhaltigkeit_in_der_Hochschullehre.pdf
[4] Resolution der ZaPF: https://zapfev.de/resolutionen/wise21/FOSS/FOSS.pdf
[5] Resolution der ZaPF: [LINK hier einfügen]
[6] Im 0. Semester werden bisher informell angebotene
Veranstaltung zur Unterstützung des Studieneinstiegs auf einen
Umfang von 30 CPs ausgebaut und als ein 0. Semester akkreditiert.
Die individuelle Regelstudienzeit und der damit einher gehende
BAföG-Anspruch von Studierenden, die diese Veranstaltungen
belegen, wird um ein Semester verlängert.
[7] Resolution der ZaPF: https://zapfev.de/resolutionen/wise17/Zwangsexmatrikulation/Zwangsexmatrikulation.pdf
[8] Bielefelder Studienmodell: https://www.uni-bielefeld.de/studium/studieninteressierte/was-studieren/studienmodell/
Seit inzwischen schon einigen Jahren sind die Studierendenzahlen
erheblich rückläufig. Die Gründe dafür sind die sich zunehmend
verschlechternde soziale Lage der Studierenden und Leistungsdruck,
der nachgewiesenermaßen verbreitet zu erschreckenden
mental-helath-Problemen führt. Hinzu kommt, dass Studierende sich
vor allem in eine Konsument:innenrolle gedrängt sehen an
Hochschulen, die kaum Antworten auf die brennenden Fragen dieser
Zeit geben.
Diese Entwicklung trägt mit zum aktuellen Fachkräftemangel bei,
der Ausgangspunkt der NRW-Landesrgierung für die aktuell
anlaufende Hochschulgesetz-Novelle ist.
Das Problem an den Plänen der Landesregierung: Zwar werden in
einigen Punkten minimale Verbesserungen angekündigt, die
naheliegenden Maßnahmen gegen die Hauptgründe für die rückläufigen
Studierendenzahlen, die die ZaPF bereits mehrfach eingefordert
hat, werden aber nicht angegangen.
Stattdessen ist die Kernidee der Landesregierung, die Hochschulen
systematisch für die Weiterbildung zu öffnen und die wegbrechenden
"normalen" Studierenden durch Weiterbildungsstudierende zu
"ersetzen". Abgesehen davon, dass es zynisch ist, die sich allein
schon wegen der Inflation weiter zuspitzenden Probleme der
Studierenden zu ignorieren, ist es durchaus richtig, wenn die
Hochschulen sich in die Weiterbildung einbringen.
Allerdings: Es kommt dabei ganz entscheidend darauf an, wie
dieser Einstieg in die Weiterbildung gestaltet wird, weswegen die
studentischen Interessenvertretungen hier frühzeitig Maßstäbe der
Debatte setzen müssen.
Während Weiterbildung an den Hochschulen im besten Fall zu
höherer Diversität und einer sozialen Öffnung der Hochschulen
führen kann, zeigt ein Blick auf Pilotstudiengänge, die auch ein
Bezugspunkt der laufenden Debatte sind, dass ebenso eine Welle
neoliberaler Unterwerfung der Hochschulen unter die Interessen
großer Konzerne dabei heraus kommen kann. Dies soll am Beispiel
des EMBA-Studiengangs an der Uni Köln verdeutlicht werden: https://business-school.uni-koeln.de/de/cologne-rotterdam-emba/